Straßen sind eine gute Möglichkeit öffentlichen Raum als grüne Infrastruktur zu nutzen – das geht aus der Studie “Grünraumgerechtigkeit für eine resiliente Stadt” des Institut Landschaftsarchitektur der BOKU im Auftrag der Arbeiterkammer Wien hervor. Die Empfehlung, die daraus hervorgeht sind Straßenparks zur flächendeckenden wohnungsnahen Grünversorgung.
In der dicht bebauten Stadt, wo es kaum noch freie Flächen gibt, stellt der Straßenraum oft das letzte
Potential dar, um das Grünraumangebot zu erweitern. In Wien gibt es rund 41 km² Straßenflächen, die sich netzartig über das gesamte Stadtgebiet verteilen und daher wohnungsnah und für alle Bewohner:innen gleichermaßen gut erreichbar sind. Dieses Potenzial wird aber unzureichend genutzt. In Wien sind zwar bereits rund 47 % aller Haushalte autofrei und die Verteilung des Verkehrsaufkommens auf die Verkehrsmittel zeigt, dass 74% der Wege zu Fuß, mit dem Öffentlichen Verkehr oder mit dem Rad zurückgelegt werden . Doch 65% der Straßenfläche gehören immer noch dem Auto. (Quelle: Studie der Arbeiterkammer und BOKU – “Grünraumgerechtigkeit für eine resiliente Stadt”)
Die Straße gehört den Autos
Straßen werden seit dem Aufkommen des Autos als Massenverkehrsmittel Mitte des 20. Jahrhunderts vorwiegend für den fließenden motorisierten Verkehr oder als Parkraum verwendet. Der Fokus im autogerechten Straßenraum liegt auf der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs. Geregelt wird die mögliche Nutzung des Verkehrsraums in der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO). Aspekte wie Erholung, Aufenthalt, Spielen oder Begrünung werden darin bislang nicht berücksichtigt oder gefördert. Durch die Dominanz von Verkehrszwecken werden soziale, mikroklimatische und ökologische Funktionen
des Straßenraums weniger beachtet.
Eine gerechte Umverteilung des Straßenraums
Eine gerechtere Umverteilung des Straßenraums wird in den strategischen Zielsetzungen
der Stadt Wien (Smart City Rahmenstrategie 2050 und Smart Klima City Strategie Wien) angestrebt. Diese sind aber nicht rechtlich verbindlich. Die Zuständigkeit für eine Umsetzung von Projekten im Straßenraum obliegt meist den jeweiligen Bezirken. So finden sich in manchen Bezirken bedeutend mehr Grün- und Aufenthaltsflächen als in anderen Bezirken. Mit Begegnungszonen, Wohnstraßen und Fußgängerzonen gibt die StVO rechtliche Möglichkeiten, Straßenräume verkehrsberuhigt zu gestalten. Trotz teils ambitionierter Pläne werden in Wien vorwiegend Einzelprojekte realisiert, wie beispielsweise die Pelzgasse, die Thaliastraße oder die Neubaugasse.

Forderung: Die Einführung einer Verordnung “Straßenparks”
Um den Straßenraum gerechter und klimafit zu gestalten, wird ergänzend zu den bereits
bestehenden Möglichkeiten verkehrsberuhigte Straßen zu verordnen, eine Straßenpark Verordnung vorgeschlagen. Das Verordnen von „Straßenparks“ analog zu Fußgängerzone oder Wohnstraße dient der Maximierung des Grünanteils, prioritär in Gebieten, die mit Grünraum unterversorgt sind und wo es keine weiteren Flächenreserven für neue Parks gibt.
Zielsetzung und klimafitter Umbau
- Erhöhung des Grünanteils, der Baumpflanzungen und der entsiegelten, versickerungsfähigen Oberflächen,
- Nachhaltiges Regenwassermanagement, z.B. Schwammstadtprinzip (vgl. Arbeitskreis
Schwammstadt) - Rückbau von Fahrbahnen und Straßenabschnitten inkl. Parkplätzen (bei Gewährleistung der Erschließung und Zufahrt zu Gebäuden)
- Großkronige Bäume für möglichst breite Überschirmung
- Vielerlei Nutzungsbereiche, Erholungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten, mehr Sicherheit
für ältere Personen und Kinder durch Verkehrsberuhigung, Barrierefreiheit und attraktive Gestaltung - Förderung aktiver Mobilität (Zu-Fuß-Gehen und Radfahren)
- Mehr Lebensqualität in der Nachbarschaft: bessere Luft, weniger Lärm, mehr Schatten,
Abkühlung
Wie können Straßenparks aussehen?
Straßen werden durch die geforderte Verordnung und entsprechende Gestaltung verkehrsberuhigt und bekommen Parkcharakter, das bedeutet: mehr Pflanzbeete und Bäume anstelle befestigter (z.B. asphaltierter) Parkplätze. Mehr Platz für Erholung, Gesundheitsförderung durch sicheres und einladendes Zu-Fuß-Gehen und Radfahren, weniger Lärm und weniger Luftverschmutzung, viel Schatten für angenehmere Sommermonate und zur Förderung der Biodiversität. Mindeststandards sollen dabei helfen, den Straßenraum klimawirksam zu gestalten:

Die schematische Darstellung eines fiktiven Straßenparks zeigt eine 15m breite
und 100m lange Straße mit den vorgeschlagenen Standards (Quelle: Powerpoint Thema Straßenparks von Jürgen Furchtlehner, Daniela Lehner vom Institut für Landschaftsarchitektur der Universität für Bodenkultur.)
Welche Schritte sind Notwendig?
Es können alle Arten von Straßen zu Straßenparks transformiert werden, die in der Zuständigkeit der Stadt liegen und verkehrsberuhigt werden können. Dazu zählen auch Hauptstraßen A und B, insbesondere aber Nebenstraßen, für die sich Straßenparks besonders anbieten. Die Zugänglichkeit und Zufahrtsmöglichkeit zu Gebäuden bleiben erhalten. Als Vorreiter können Straßen in besonderer Lage (angrenzend an öffentliche Gebäude wie Schulen oder Ämter, bzw. angrenzend an bestehenden Grünraum) dienen, prioritär in Gebieten, die mit Grünraum unterversorgt sind.
Diskussionsgrundlage Straßenparks
Für eine dauerhafte Umnutzung des Straßenraums ist eine Klima- und sozialrelevante Reform der StVO 1960 nötig, wie auch bereits im Masterplan Gründerzeit und im Wiener Klima-Fahrplan gefordert. International zeigen viele realisierte Projekte, dass mutige Transformationen möglich sind, u.a. in Kopenhagen, Oslo, Paris, Barcelona, Valencia.


Weitere Informationen gibt es in der Powerpoint vom Hinterzimmer zum Thema Straßenparks sowie in der Arbeiterkammerstudie “Grünraumgerechtigkeit für eine resiliente Stadt” von Jürgen Furchtlehner, Daniela Lehner vom Institut für Landschaftsarchitektur der Universität für Bodenkultur.