Gärten statt Parkplätze für die Mühlgasse

Der erfolgreiche Einsatz der Initiative “Gärten der Mühlgasse” führte im Jahr 2024 zur Abstimmung über die Verkehrsberuhigung der Straße zur Fußgänger:innenzone. Die Produktion eines Renderings, Gespräche mit der Bezirksvorsteherin, die schließlich eine Machbarkeitkeitsstudie in Auftrag gab sowie die Kooperation mit der Agendagruppe “Raum fair teilen” führten schließlich zum Erfolg.

Die Mühlgasse – eine Parkplatzgasse

Das Straßenbild der Mühlgasse im vierten Bezirk ist durch und durch von parkenden Autos geprägt. Die Gehsteige sind extrem schmal, was das Durchkommen für Fußgänger:innen erschwert. Auch für Fahrradfahrer:innen blieb zwischen den parkenden Autos wenig Platz. In der Straße verbirgt sich außerdem das Architektur-Juwel Palais Ehrbar: ein historischer Konzertsaal, wo schon Brahms, Bruckner, Schönberg und Mahler konzertierten. Täglich zwängen sich hier Musikstudent:innen und Konzertbesucher:innen an den Autos vorbei, wenn sie den Saal betreten wollen.

Zwischen den Autos bleibt kaum Platz für Fußgänger:innen. Foto: Christine Schleifer-Tippl

Das Rendering “Gärten der Mühlgasse”

So grün könnte es sein! – Das Rendering der Initiative “Gärten der Mühlgasse” – Copyright: “Gärten der Mühlgasse”

Rund 500 Anrainer:innen können von Grünraum vor der Tür nur träumen. Aber das wird sich bald ändern! Denn 2020 schlossen sie sich zur Bürger*inneninitiative „Die Gärten der Mühlgasse“ zusammen.

Sie erstellten ein Rendering, welches als Idee beim Ideenwettbewerb der Stadt Wien „Wien wird WOW!“ angenommen wurde. Das Konzept dahinter verschrieb sich der Sicherheit von Fußgänger:innen und versprach tausend Quadratmeter Grün und Luft zum Atmen mitten in der Stadt: einen nicht kommerziellen öffentlichen Erholungsraum.

Aufgrund der geringen Straßenbreite der Mühlgasse ist eine Verkehrsberuhigung mit Begrünung nur mit einer Fußgängerzone und Entfall aller Parkplätze möglich. Die Entsiegelung der Asphaltflächen und Einsickern des Regenwassers wäre ein nachhaltiger Beitrag für ein lebenswertes Klima in der Stadt. Die Zufahrt für Anrainer:innen, Garagen und Gewerbebetriebe könnte erhalten bleiben. Der Fahrradverkehr in der Fußgängerzone wäre natürlich weiterhin erlaubt. Das Konzept der Initiative sieht vor, dass die Autos in die umliegenden Garagen der nächsten Umgebung ausweichen könnten.

Die möglichen Verbesserungen:

  • Verkehrsberuhigung mit weniger Kfz-Lärm, mehr Raum für das Gehen
  • eine Reihe von Bäumen, Beete mit gemischter Bepflanzung für ein besseres Mikroklima durch Abkühlung
  • Barrierefreiheit durch Angleichung des Straßenniveaus. wegbegleitende Spielmarkierungen für Kinder, Sitzgelegenheiten sowie Wasserelemente.
  • Bäume werden nur gesetzt, wo es Einbauten unter der Straße und Abstände zur Fassade erlauben. Auch die Baumgröße soll zum Straßenquerschnitt passen. 
  • Die Zufahrtsmöglichkeit für Einsatzfahrzeuge, Müllabfuhr bleibt aufrecht, ebenso wie die Lademöglichkeit vor dem Palais Ehrbar. 
  • Von der Schikanedergasse soll außerdem die Zufahrt zur Autowerkstätte und den Garagen möglich bleiben.

Durch die Entfernung von Asphalt, dem Aufschütten von Erde und der Neupflanzung von Bäumen und Büschen soll die Mühlgasse offener werden und einen abkühlenden Effekt haben. Um dem Namen Mühlgasse gerecht zu werden, soll auch das Element Wasser inkludiert werden, etwa durch einen Trinkbrunnen. Neben Sitzgelegenheiten sollen nach Idee der Anrainer die Studenten des Musikquartiers für die kulturelle Bespielung sorgen. 

Die Machbarkeitsstudie

2021 nahm die Agendagruppe “RaumFairTeilen” Kontakt zur Bürgerinitiative auf und thematisiert die Mühlgasse bei einem Spaziergang im Rahmen der Mobilitätswoche unter Anwesenheit der Bezirksvorsteherin. Die Bezirksvorsteherin beauftragte schließlich eine Machbarkeitsstudie, die in Kooperation eines Landschaftsplanungs- und Verkehrsplanungsbüros entstand. In dieser Studie wurde zunächst der Ist-Zustand mit der vorhandenen Infrastruktur, Verkehrsströmen und Nutzungsmuster der Straße analysiert. Außerdem wurde die Verkehrsorganisation untersucht und schließlich die Gestaltung und Aufenthaltsqualität mit Potentialen für Baumpflanzungen und Sitzgelegenheiten erörtert. Schließlich ergab sich, dass die Schaffung einer Fußgänger:innenzone in der Mühlgasse möglich ist.

Die Umsetzung solle durch partizipative Planung mit Einbindung der Bevölkerung und relevanter Interessengruppen durch Workshops und Umfragen erfolgen. 

Aus der Studie ergaben sich folgende Maßnahmen:

  1. Die Gestaltung von Begegnungszonen, wie die Einrichtung von Ruhezonen mit Sitzgelegenheiten und Begrünung sowie Spielbereichen
  2. Infrastrukturverbesserung mit der Modernisierung der Straßen zur Erhöhung der Sicherheit und Barrierefreiheit
  3. Organisation von Veranstaltungen und künstlerischen Projekten zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls

Die Studie lieferte somit eine Entscheidungsgrundlage für die Umsetzung des Projektes, das ökologische, soziale und verkehrspolitische Aspekte miteinander verbinden soll.

Aktionen der Inititiative

2022 veranstalteten RaumFairTeilen und die “Gärten der Mühlgasse” ein Straßenfest und die Straße wird im Sinne des Begegnungsortes erstmals autoverkehrsfrei belebt. Daraufhin folgen immer wieder Gespräche mit der Bezirksvorsteherin und Informationsveranstaltungen für Bewohner:innen.

Das Straßenfest 2022 vor dem Palais Ehrbar. Foto: Christine Schleifer-Tippl

Im Juni 2024 bringen Schüler:innen als Aktion der Agendagruppe Raumfairteilen die Fahrbahn Mühlgasse mit Strassenkreide Farbe auf den Aspalt

Die Mühlgasse blüht, zumindest auf den Asphalt. Foto: Christine Schleifer-Tippl

Die Anwohner:innenbefragung hat Erfolg! 

Im September 2024 führte die Bezirksvorstehung dann schließlich zur Bürger:innenbefragung. Knapp 3.500 Menschen ab 16 Jahren, die in der Mühlgasse und den umliegenden Straßen wohnen, waren bei der Befragung stimmberechtigt. 882 nahmen teil. Dabei kommt es zur schönen Bestätigung für das Anliegen und den Einsatz der engagierten Anrainer:innen: Eine klare Mehrheit von 61% sprach sich für eine Fußgänger:innenzone aus, nur 39% dagegen. Die Initiative war im Vorhinein viel in Kontakt mit den Anwohner:innen gegangen, wo ihnen allerdings meistens Kritik der Gegnerseite entgegen kam, die ihre Parkplätze nahe ihrer Häuser halten wollten.

Christine Schleifer-Tippl von “Raum fair teilen” bestätigt: “Insgesamt zeigt sich am positiven Ausgang der Umfrage, dass die Zusammenarbeit zweier Initiativen – in diesem Fall “Gärten der Mühlgasse” und der Agendagruppe “Raum fair teilen” zum Erfolg führt.”

Der Umbau

Ein Entwurf der Stadt Wien. Grafik: Stadt Wien

Die Mühlgasse wird die erste  Fußgängerzone auf der Wieden sein. Bisher sind im Bezirk nur Plätze erweitert worden, aber keine Straßen in Fußgängerzonen umgewandelt worden. Nun beginnen die Detailplanungen für die Fußgängerzone. Baubeginn ist laut Bezirk frühestens Ende 2025, Anfang 2026. Fix ist schon, dass die Parkplätze wegfallen,  Zufahrt zu den Garagen wird aber möglich bleiben. Die Gasse soll außerdem begrünt werden.

Ein autofreier Lebensraum zwischen Pressgasse und Schikanedergasse entsteht!

Quellen:

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