
Seit 1. September 2025 ist es endlich so weit: Österreich hat ein echtes Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Was früher unter dem „Amtsgeheimnis“ versteckt blieb, muss jetzt offen zugänglich sein – außer es gibt wirklich triftige Gründe dagegen.
Gerade für engagierte Menschen und Initiativen in Wien, die sich für Grünraum, Verkehrsberuhigung oder transparente Stadtplanung einsetzen, ist das ein riesiger Fortschritt.
Mit dem Gesetz bekommt ihr das Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen – ganz ohne Begründung. Und das Beste: Es gibt ein Tool, das euch die Anfrage besonders leicht macht…
🛠️ Schritt für Schritt: So kommt ihr an öffentliche Infos
1. Nutzt FragDenStaat.at – schnell, anonym und dokumentiert
Die Plattform FragDenStaat.at ist euer bester Startpunkt. Warum?
- Ihr könnt schnell und kostenlos Anfragen stellen
- Die Anfrage wird automatisch an die richtige Behörde geschickt
- Ihr bleibt auf Wunsch anonym
- Die Kommunikation mit der Behörde ist öffentlich dokumentiert
- Es gibt viele Vorlagen und Beispiele, an denen ihr euch orientieren könnt
💡 Tipp: Viele Infos wurden schon abgefragt – sucht zuerst in der Anfragen-Übersicht, bevor ihr neu anfragt. Viele Informationen müssen nun außerdem proaktiv veröffentlicht werden – diese findest du auf data.gv.at.
2. Was darf angefragt werden?
Grundsätzlich alle Informationen, die eine Behörde im Rahmen ihrer Tätigkeit erstellt oder erhalten hat – zum Beispiel:
- Pläne z.B. von Verkehrsprojekten oder Bauvorhaben
- Gutachten oder Studien z.B. zu Umwelt- oder Stadtentwicklungsthemen
- Verträge oder Subventionen (alle über 100.000 € müssen proaktiv auf data.gv.at veröffentlicht werden)
- Sitzungsprotokolle, Stellungnahmen oder E-Mail-Verkehr (wenn sachlich relevant)
➡️ Ausnahme: Wenn z. B. die öffentliche Sicherheit oder Persönlichkeitsrechte betroffen sind, kann die Info ganz oder teilweise verweigert werden.
3. Anfrage stellen – so geht’s
Wenn ihr auf FragDenStaat.at eine Anfrage stellt, braucht ihr:
- Einen konkreten Betreff (z. B. „Planungsunterlagen zur Neugestaltung der Argentinierstraße“)
- Eine klare Beschreibung, was ihr sucht (inkl. Zeitraum, Format etc.)
- Keine Begründung – ihr habt das Recht auf Information, Punkt.
Vorlage für eine IFG-Anfrage
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich gemäß § 7 ff. Informationsfreiheitsgesetz (IFG) die Übermittlung folgender Information:
[Beschreibung – z. B. „alle Studien und Gutachten zur Umgestaltung des Matznerparks zwischen Jänner 2022 und Juli 2024“]
Sollte diese Information nicht vollständig zugänglich sein, ersuche ich um einen formellen Bescheid gemäß § 11 IFG.
Mit freundlichen Grüßen
[Name oder anonym über FragDenStaat]
📬 Wo einreichen?
- Am einfachsten: direkt über FragDenStaat.at
- Alternativ: per E-Mail oder Post an die offizielle Kontaktadresse der Behörde (meist auf deren Website zu finden)
4. Antwort erhalten – oder weiter nachhaken
⏱️ Frist: 4 Wochen
Die Behörde muss euch innerhalb von vier Wochen antworten. Eine einmalige Verlängerung um weitere vier Wochen ist möglich – aber nur mit Begründung.
🚫 Wenn ihr gar keine Antwort bekommt oder die Info verweigert wird: Fordert einen Bescheid an – das öffnet den Rechtsweg.
Es gibt zwei Arten für Beschwerden, die hier relevant sind:
- Sollte dir die Behörde nicht innerhalb der maximal 8 Wochen geantwortet haben, kannst du eine Säumnisbeschwerde einlegen. Es ist ratsam bereits nach Ablauf der vierwöchigen Frist auf die fehlende Beantwortung hinzuweisen.
- Sollte dir die Behörde die Auskunft verweigern, hast du vier Wochen Zeit (ab Zustellung des Bescheides) für eine Bescheidbeschwerde.
Beide Arten von Beschwerden könnt ihr selbst einbringen. Dabei wird eine Gebühr von 50 € fällig. Für Journalist:innen, Vertreter:innen von NGOs und andere Social-Watchdogs kann diese Gebühr entfallen.
Vorlage für eine Säumnisbeschwerde
Am [Datum] stellte ich bei [Bezeichnung der säumigen Behörde] einen Antrag auf Herausgabe der folgenden Informationen gemäß § 7 ff Informationsfreiheitsgesetz (IFG):
[Einfügen welche Informationen bei der Behörde unter Berufung auf das IFG beantragt wurden]
Gemäß § 8 Abs. 1 IFG hat die Behörde dem Begehren ohne unnötigen Aufschub, spätestens jedoch innerhalb vier Wochen zu entsprechen. Diese Frist kann begründet gemäß § 8 Abs. 2 IFG um weitere vier Wochen verlängert werden, wenn die Information aus besonderen Gründen nicht innerhalb der Frist erteilt werden kann. Wird der Zugang zur Information nicht gewährt, weise ich auf den bereits gestellten Antrag nach § 11 IFG hin, wonach ich um einen formellen Bescheid ersuche.
Sie haben auf unser Schreiben nicht reagiert. Wir haben unsere Informationsbegehren wiederholt urgiert.
Ich erhebe daher Säumnisbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG iVm §§ 7 und 11 IFG.
Vorlage für eine Bescheidbeschwerde
„Gegen den Bescheid der ......... (hier ist die Bescheid erlassende Behörde einzusetzen), Geschäftszahl ..........., vom ........... (hier ist das Datum einzusetzen, an dem der Bescheid erlassen wurde), wegen .............. (Entscheidungsgegenstand ist anzugeben, z.B. Bewilligung einer Betriebsanlage), zugestellt am ............ (Zustelldatum ist einzufügen), erhebe ich innerhalb offener Frist Beschwerde an das ............ (an dieser Stelle ist das zuständige Landesverwaltungsgericht/Bundesverwaltungsgericht einzusetzen, auch wenn die Beschwerde bei der bescheiderlassenden Behörde einzubringen ist; beachte immer die Rechtsmittelbelehrung im Bescheid, die zumeist eine gute „Orientierungshilfe“ bietet)“
Begründung
Die Begründung ist immer individuell auf den jeweiligen Sachverhalt abzustellen, sodass hier keine Textbausteine angegeben werden können. Jedenfalls darzulegen sind die Gründe, auf die sich die behauptete Rechtswidrigkeit stützt.
Die Begründung stellt einen wesentlichen und notwendigen Teil der Beschwerde dar, zumal auf deren Basis das Verwaltungsgericht (bzw. die belangte Behörde) zu einer anderen Entscheidung kommen soll. Das Verwaltungsgericht kann die Beschwerde nur im Umfang der dargelegten Beschwerdegründe prüfen. In der Praxis hat es sich auch bewährt, der Rechtsmittelinstanz noch einmal eine Sachverhaltsschilderung zu bieten.
Beschwerdeanträge
„Aus diesen Gründen richte ich an das … (hier sollte das zuständige Verwaltungsgericht eingefügt werden) die Anträge“
„eine mündliche Verhandlung durchzuführen“ (dieser Antrag ist nicht verpflichtend, kann jedoch sinnvoll sein)
„in der Sache selbst zu entscheiden und …“ (hier ist einzufügen, welche Entscheidung man haben möchte, z.B. „festzustellen, dass zu den beantragten Informationen in vollem Umfang Zugang zu gewähren ist.“)
„in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.“
„Unterschrift des Beschwerdeführers“
Quelle und weitere Informationen unter https://www.wko.at/wirtschaftsrecht/musterbeschwerde-gegen-verwaltungsbescheide
📬 Die Beschwerde richtet ihr an jene Behörde, an die ihr auch die IFG-Anfrage gestellt habt.
💰 Davor überweist ihr die Gebühr von 50 € auf das Konto des Finanzamt Österreich (IBAN: AT83 0100 0000 0550 4109, BIC: BUNDATWW) und legt die Buchungsbestätigung der Beschwerde als Anhang bei. Als Verwendungszweck muss das jeweilige Beschwerdeverfahren, die Bezeichnung der Verwaltungsbehörde und die Geschäftszahl des angefochtenen Bescheides angegeben werden. Liegt der Beschwerde kein Bescheid zugrunde (wie eben bei einer Säumnisbeschwerde), so ist auf dem Zahlungsbeleg oder bei der erteilten Zahlungsanweisung als Verwendungszweck jene Behörde anzugeben, gegen die sich die Beschwerde richtet.
Sollte die Behörde nicht doch noch eurer ursprünglichen IFG-Anfrage nachkommen, leitet sie dann eure Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht weiter. Das Gericht muss dann über eure Beschwerde innerhalb von zwei Monaten entscheiden.
Wenn ihr Hilfe bei eurer IFG-Anfrage oder einer etwaigen Beschwerde benötigt, könnt ihr euch gerne an info@wirmachen.wien wenden. Wir können zwar keine Rechtsberatung anbieten, teilen jedoch gerne unsere Erfahrungen mit euch oder vermitteln euch weiter.
🙌 Danke an das Forum Informationsfreiheit
Ein großes Danke geht an das Forum Informationsfreiheit, das sich jahrelang für dieses Gesetz eingesetzt hat – und auch jetzt mit vielen Materialien, Vorlagen und Erklärungen unterstützt.
Den ausführlichen Anfrage-Guide findet ihr hier:
🌱 Fazit: Mehr Transparenz für bessere Stadtpolitik
Ob Flächenwidmungen, Parkumgestaltungen oder Verkehrskonzepte – mit dem neuen Gesetz könnt ihr fundierter mitreden und mitgestalten. Nutzt euer Recht, fragt nach – und macht sichtbar, was sonst im Hintergrund bleibt.
FragDenStaat.at macht es euch einfach. Jetzt liegt’s an euch.
Wenn ihr Unterstützung beim Formulieren oder Einreichen braucht – meldet euch gerne bei uns oder schaut in unsere anderen How Tos auf wirmachen.wien.