Wie eine Fata Morgana: Die Sommeroase Hasnerstraße

Im Sommer 2020 wurde in Wien das Projekt “Coole Straßen” als Antwort auf die steigende Hitze in der Stadt von der damaligen Stadträtin Birgit Hebein ins Leben gerufen. 18 temporäre “Coole Straßen” sperrten vorübergehend den motorisierten Verkehr, schufen öffentliche Plätze mit Sprühnebelanlagen, Pflanzen und Sitzmöbeln zur Erholung und Abkühlung. Bespielt wurden die „Coole Straßen“ durch ein engagiertes Team der Mobilitätsagentur. Ursprünglich waren 23 Coole Straßen geplant, doch 18 wurden letztendlich umgesetzt. Obwohl das Projekt bei vielen Bürger:innen sehr beliebt war, wurde es nach der Wahl 2020 von Stadträtin Ulrike Sima nicht weitergeführt. Infolgedessen organisierten sich die Nachbar:innen der Hasnerstraße, um ihre Sommeroase zu retten.

Die “Coole Straßen” sorgten nämlich nicht nur für Abkühlung, sondern schufen auch eine starke Gemeinschaft unter den Nachbar:innen der Hasnerstraße. Als die Ankündigung kam, dass das Projekt beendet werden sollte, fühlten sich viele enttäuscht und entschlossen, es in ihrer eigenen Straße fortzusetzen. Am 17. März 2021 starteten die Nachbar:innen eine Petition laut Wiener Petitionsgesetz und schafften es in nur etwas mehr als 2 Wochen, am 2. April, die erforderliche Hürde von 500 Unterschriften zu überschreiten, wodurch die Petition dem Petitionsausschuss vorgelegt werden musste. Die Unterschriften wurden auf der Straße gesammelt, die Petition zwischen Nachbar:innen und Bekannten geteilt und natürlich auch online verbreitet.

Kurz darauf, am 27. April 2021, fand die erste Behandlung im Petitionsausschuss statt, bei der zunächst Stellungnahmen in Auftrag gegeben wurden. Im Juni lud BV Stv. Eva Weissmann die engagierten Nachbar:innen zu einem Gespräch ein, bevor die Stellungnahme des Bezirks erfolgte. Die Bezirksvertretung zeigte Interesse an den Hintergründen der Initiative und den Initiatoren, äußerte Unterstützung für den Anliegen, gab jedoch an, über unzureichende finanzielle Mittel für die Fortführung zu verfügen. Sie betonte auch, dass es alternativ zur Petition einen direkteren Weg über den Bezirk gegeben hätte. Die Bezirksvertretung schlug vor, dass das Projekt von den Nachbar:innen selbst umgesetzt werden könne und bot ihre Unterstützung an.

In der Folge traf sich die Gruppe intern, um ihre Ziele und Möglichkeiten zu erörtern. Diese Überlegungen wurden dann bei einem zweiten Treffen im Juni präsentiert, bei dem BV Stv. Eva Weissmann, die Vorsitzende der Kulturkommission Stefanie Lamp und die Büroleitung der Bezirksvertretung konkretere Pläne und deren Umsetzbarkeit diskutierten.

Nach einer Anmeldung der Veranstaltung für die Sommermonate Juli und August durch die „Bildungsagentur – Verein zur Förderung alternativer Bildungsprogramme“ kam es zu einer Ortsverhandlung am 30. Juni. Hier musste mit der MA46 verhandelt werden, da diese nur die Parkspur freigeben wollte – die Initiative plädierte für den gesamten Straßenraum im angemeldeten Abschnitt. Der Bezirk hat in der Argumentation der Initiative unterstützt, die Initiative bekam den gesamten Straßenraum, musste aber auf forderung der MA46 die Radverbindung mit Betonleitwänden sichern.

Der Bescheid kam am 12. Juli und die Halteverbotsschilder, welche durch die Lokale Agenda bereitgestellt wurden, wurden von der Initiative am 16. Juli aufgestellt. Für den ersten Jahr konnten Sitzmöglichkeiten genutzt werden, welche der Bezirk schon vor dem Projekt bei der MA28 reserviert hatte. Da nicht alle Fahrzeuge sich an das Halteverbot hielten, musste einmalig die Feuerwehr ausrücken, ein Auto wurde versetzt, die Rechnung ging an den Verein.

Das erste Jahr erwies sich als äußerst erfolgreich, da die Straße von den engagierten Nachbar:innen belebt wurde. Es wurden Straßenfeste gefeiert, ein mobiles Theater fand dort im Sommer Platz, es gab Malerkurse und Workshops. Die Hasnerstraße wurde zu einem Ort der Entspannung und Abkühlung für die Nachbarschaft, während der Sommer langsam seinem Ende entgegenging und die Sommeroase abgebaut werden musste.

Aus der Sommeroase Hasnerstraße wird ein jährliches Event

Im zweiten Jahr trat die Bürger:inneninitiative bereits im Februar an die Bezirksvorstehung heran, um die Umsetzung der Sommeroase zu besprechen. Sie gründeten selbst den Verein O.N.E. 16, um besser aufgestellt zu sein. Während dieser Gespräche wurden auch negative Beschwerden thematisiert, die von einzelne Anwohner:innen an die Initiative und den Bezirk herangetragen wurden. Die meisten dieser Beschwerden bezogen sich jedoch nicht auf Lärm, sondern auf den Mangel an Parkplätzen. Sowohl der Bezirk als auch die Initiative reagierten konstruktiv auf diese Bedenken, und der Verein konnte weiterhin auf die Unterstützung des Bezirks zählen, die für die Umsetzung der Sommeroase entscheidend war.

Der Verein O.N.E. 16 reichte erneut denselben Antrag für eine Veranstaltung in den Monaten Juli und August ein. Dieser Zeitraum wurde bewusst gewählt, um sowohl die eigene Ressourcen als auch die Akzeptanz der anderen Anwohner:innen zu berücksichtigen, da in den Sommermonaten in Wien bekanntermaßen weniger Parkplätze benötigt werden.

Der Verein kämpfte sich durch die oft langsame Bürokratie, um die Anmeldung durchzusetzen, und konnte im Jahr 2022 auf ein begrenztes Budget aus dem Aktionsprogramm „Junges Grätzl“ der Grätzloase für Materialien zurückgreifen. Das Mobiliar wurde aus Restbeständen der MA28 und der Mobilitätsagentur bereitgestellt, wobei der Transport diesmal selbst organisiert werden musste. Aus Sicht des Vereins war die Umsetzung diesmal besser, da sie durch die eigene Anmeldung die volle Kontrolle über alle Schritte und Informationen hatten. Zusätzlich konnten sie im Sommer 2022 die Beseitigung der Betonleitwände für den Radverkehr aushandeln.

Auch im letzten Sommer wurde die Sommeroase in der Hasnerstraße mit Unterstützung des Kulturbudgets des Bezirks realisiert. Trotz gelegentlicher Herausforderungen und Rückschläge im Verlauf der Errichtung der Sommeroase, einschließlich einer Gegenpetition im Frühling 2023, die jedoch nur wenige Unterstützer:innen fand, bleiben die engagierten Nachbar:innen des Vereins O.N.E. 16 entschlossen, im Sommer für Kühlung und einen attraktiven öffentlichen Raum in der Stadt zu sorgen.

Abschlussfest der Sommeroase in der Hasnerstraße. © Martin Votava
Abschlussfest der Sommeroase in der Hasnerstraße, 1160 Wien. © Martin Votava

Gründe für den Erfolg?

Die Gründe für den Erfolg sind vielfältig und umfassen verschiedene Faktoren. Die entscheidende Unterstützung des Bezirks, der unter der Leitung von Bezirksvorsteher Franz Prokop fungierte, war zweifellos ein entscheidender Erfolgsfaktor. Die Entschlossenheit der Nachbar:innen und ihr intensiver Einsatz an Zeit und Ressourcen, um die Sommeroase attraktiv zu gestalten und zu beleben, war ebenso von entscheidender Bedeutung. Ebenso wichtig für das Fortbestehen der Initiative war die Verfügbarkeit von Budgetmitteln aus verschiedenen Quellen sowie die Bereitstellung von Mobiliar durch städtische Agenturen und Magistratsabteilungen.

Der Beispiel Hasnerstraße verdeutlicht, dass neben dem Willen und der Zustimmung verschiedener Akteur:innen auch der nachhaltige Einsatz von Zeit und Ressourcen sowie ein kluger Umgang mit auftretenden Komplikationen von entscheidender Bedeutung sind.

Formen des Aktivismus

Folgende Aktionsformen wurden von den Nachbar:innen der Hasnerstraße für die Errichtung der Sommeroase verwendet:

  • Unterschriftensammlung und Petitionseinreichung laut Wiener Petitionsgesetz
  • Gespräche mit der Bezirksvorstehung
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