Zwischen Erdberg und Prater, dem 2. und 3. Wiener Gemeindebezirk befindet sich eine ganz besondere Brücke über den Donaukanal – der Erdberger Steg. Der Steg ist eine der wenigen nur für den Fuß- und Radverkehr vorbehaltenen Querungen. Doch im Frühjahr 2021 – zwischen Covid-Lockdown und Sommer – war auf einmal die Hälfte des Steges abgesperrt. Die lapidare Mitteilung der für Brücken zuständigen MA29: Es wurden strukturelle Probleme am Tragwerk festgestellt.
Dies rief sogleich Anrainer:innen und Aktivist:innen der Radlobby und von Geht-Doch.Wien auf den Plan: Wird der Steg abgerissen und damit die einzige Querung in der Gegend über den Donaukanal ersatzlos gestrichen? Welche Ersatzmaßnahmen werden getroffen? Oder kann diese Situation nicht auch genutzt werden, um die sowieso prekäre Situation am engen Steg und bei den beidseitig anschließenden Ampeln mit ewig langen Wartezeiten zu verbessern?
Gemeinsam wurde die Petition „Erdberger Steg bleibt!“ bei der Stadt Wien eingebracht. Die Forderungen:
- Offenhalten der Donaukanalquerung so durchgängig wie möglich (Abriss erst nach Neuerrichtung!)
- Verbreiterung des Erdberger Stegs auf zumindest auf zumindest 6 Meter (Vorbild: Gaswerksteg und Steinitzsteg) mit großen platzartigen Aufweitungen an den Enden!
- Kürzere Wartezeiten zur Querung der Erdberger Lände und Schüttelstraße durch bessere Ampelschaltungen (kürzere Umlaufzeiten, koordinierte Grünphasen)!
- Entflechtung der Verkehrsströme an den beiden Enden durch neue Aufstellflächen. Eine niveaufreie Führung des Donaukanal-Begleitweges prüfen!
Mit Aktionen vor Ort wurde die Dringlichkeit der Situation unterstrichen und gleichzeitig die Chance genutzt, Anrainer:innen zu informieren und Unterschriften für die Petition zu sammeln. Mit Poolnudeln ausgestattet zeigten die Aktivist:innen auf, wie eng es am Steg eigentlich zugeht. Die damals aufgrund der Pandemie gültige 2m-Abstandsregel konnte man eigentlich gar nicht mehr einhalten.
Auf Seiten der Stadt führte dies zu unterschiedlichen Reaktionen: In der Bezirksvertretung Landstraße formierte sich ein Allparteienantrag, der die wichtigsten Forderungen der Petition übernahm und in der Sitzung von 17. Juni 2023 einstimmig angenommen wurde. Wenige Tage darauf fand auch auf der Leopoldstädter Seite ein gleichlautender Antrag die einstimmige Zustimmung.
Doch selbst zwei Bezirke zusammen, können in Wien ohne Unterstützung der Stadt keine Brücke renovieren, geschweige denn neu bauen lassen. Für die Umsetzung braucht es den Willen der Stadt. Die zuständige Stadträtin Sima äußerte sich zwar ebenso positiv hinsichtlich des Erhalts der Brücke. Doch auf eine ernsthafte Verbreiterung und bessere Ampelumlaufzeiten ließ sie sich trotz der Beschlüsse in den Bezirken nicht festnageln.
Auch die im Rahmen des Petitionsprozesses eingeholten Stellungnahmen deuteten auf ein zurückrudern hin. So trat Erich Hohenberger, Bezirksvorsteher im Dritten, zwar für eine Verbreiterung ein, jedoch: „Eine Änderung der Lichtsignalanlage an der Erdberger Lände sehe ich kritisch.“ In der Stellungnahme seines Amtskollegens Alexander Nikolai aus dem Zweiten war die Ampelthematik gar nicht zu finden. Selbst ÖAMTC und ARBÖ wären diesbezüglich sogar zu Verbesserungen bereit gewesen, „allerdings darf dies nicht alleinig zu Lasten der anderen Mobilitätsgruppen gehen.“ (ARBÖ)
Nach einer beschwingten Diskussion im Petitionsausschuss – damals noch hinter verschlossenen Türen – passierte dann eine Weile lang: nichts.
Ende gut, alles gut?
Erst im Sommer 2022 fuhren dann endlich die Bagger auf. Und siehe da, sowohl eine Verbreiterung als auch die Verbesserung der Ampelzeiten wurden in Angriff genommen. Zusätzlich wurde auch die Forderung nach einer Führung des Donaukanal-Radwegs auf Landstraßer Seite unter der Brücke umgesetzt. Damit stehen die auf die Ampel wartenden Verkehrsteilnehmer:innen nicht mehr jenen im Weg, die eigentlich nur am Donaukanal entlang fahren wollen.
Alles in allem ein Erfolg – nicht auszudenken, wie sich die Stadt entschieden hätte, ohne den Druck von engagierten Anrainer:innen und Aktivist:innen. Es zeigt, dass es sich auszahlt schon früh aktiv zu werden und nicht auf Verbesserungen zu warten. Denn fuß- und radfreundlicher wird unsere Stadt nicht von selbst. Am Ende gilt: Wir machen Wien!