Rechnungshof kritisiert die Beteiligungsverfahren der Stadt Wien als unzureichend!

Der Rechnungshof (RH) kritisiert in seinem neuesten Bericht, dass bei dem überprüften Verfahren betreffend die Entwicklung von Hochhäusern der Fokus auf der Information der Bevölkerung und nicht ihrer Beteiligung lag.

Der RH wies darauf hin, dass es bei drei von sieben vertieft überprüften Verfahren Bürgerbeteiligungen gab, die über das formelle Recht, zum Planentwurf Stellung zu nehmen oder an Informationsveranstaltungen teilnehmen zu können, hinausgingen. Er hielt jedoch fest, dass bei zwei der überprüften Verfahren der Fokus vorwiegend auf der Durchführung von Informationsveranstaltungen lag und es bei zwei weiteren Verfahren zu keiner Bürgerbeteiligung kam.

Der RH kritisierte, dass bei dem überprüften Verfahren betreffend die Entwicklung von Hochhäusern der Fokus auf der Information der Bevölkerung und nicht ihrer Beteiligung lag. Er leitete aus der Zielformulierung im STEP 2025 ab, dass Bürgerbeteiligungen und Elemente der direkten Demokratie einen Mehrwert für die Stadtentwicklung bringen sollten und eine stärkere Beteiligung der aktuellen und künftigen Bewohnerinnen und Bewohner an der Gestaltung ihrer Stadtentwicklungsgebiete beabsichtigt war. Insbesondere bei Hochhausentwicklungen wäre nach Auffassung des RH die Bevölkerung einzubinden. Dies sollte jedenfalls mehr als nur Informationsveranstaltungen umfassen.

Bericht des Rechnungshofes zu Flächenwidmungsverfahren der Stadt Wien, Oktober 2023 (Hervorhebungen von uns)

Damit bestätigt der Rechnungshof in seinem aktuellen Bericht vom Oktober 2023 einen Standpunkt, der von #WirMachenWien und vielen Initiativen geteilt wird: dass Partizipation in Wien keine echten Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Das muss sich ändern!

Informative Beteiligung ist keine Mitbestimmung. Wir fordern die Stadt dazu auf, echte Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen, anstatt #Particitainment – also Beteiligung zur Beschäftigung und Ablenkung – zu forcieren.

Daneben wirft der Rechnungshof im vorliegenden Bericht auch ein Licht auf einen ganz anderen Sachverhalt: die Verbauung der Venediger Au. 2022 wurde mit dem Bau einer Sporthalle auf der grünen Wiese in Mitten der Leopoldstadt begonnen. Ohne die Anrainer:innen miteinzubeziehen wurden hier in kürzester Zeit Fakten geschaffen. Und das, obwohl der Flächenwidmungsplan eigentlich klar festhält, dass auf diesem Gelände kein Gebäude errichtet werden darf. Wie die gleichnamige Bürger:inneninitiative „Kein Verbau der Venediger Au“ immer wieder kritisierte, umging die Stadt mithilfe einer temporären Genehmigung die eigenen Gesetze. Der Rechnungshof gibt den Anrainer:innen nun recht:

Der RH hielt kritisch fest, dass die MA 37 (Baupolizei) in Abstimmung mit der Magistratsdirektion und der MA 21 B für ein als dauerhaft ausgelegtes Gebäude eine befristete Baubewilligung erteilte, obwohl 94 % des geplanten Gebäudes in einem Bereich lagen, in dem laut Flächenwidmungs– und Bebauungsplan keine Gebäude errichtet werden durften. Er wies kritisch darauf hin, dass die Stadt Wien – unter Anwendung von Ausnahmebestimmungen der Wiener Bauordnung – ein geordnetes Verfahren zur Festsetzung bzw. Abänderung des Flächenwidmungs– und Bebauungsplans hintanstellte und damit die künftige Nutzung der Liegenschaft vorwegnahm. Er erachtete insbesondere die Einbindung der Bevölkerung im Zuge eines Flächenwidmungsverfahrens gerade bei einem auf Dauer ausgerichteten Bauvorhaben für wesentlich. Dies sollte zumindest durch die Möglichkeit der Stellungnahme im Rahmen der öffentlichen Auflage gewährleistet sein (TZ 12).

Bericht des Rechnungshofes zu Flächenwidmungsverfahren der Stadt Wien, Oktober 2023
Anrainer:innen und Aktivist:innen gemeinsam gegen die Verbauung der Venediger Au im Sommer 2022 (Foto: Christopher Glanzl)

Weiters wies der RH auf das finanzielle Risiko hin, das die Stadt Wien im Zusammenhang mit der befristeten Bewilligung einging. Der dauerhafte Bestand des Gebäudes hing von der Zustimmung des künftigen Gemeinderats zu einer nachträglichen Abänderung des Flächenwidmungs– und Bebauungsplans ab.

Der RH empfahl der Stadt Wien, auf Dauer ausgelegte Gebäude nicht aufgrund befristeter Bewilligungen zu errichten. Insbesondere stadteigene Projekte wären nur auf Basis gültiger Flächenwidmungs– und Bebauungspläne zu bewilligen.

Der RH verwies darauf, dass die Stadt Wien mit der Bewilligung der neuen Sporthalle – wie von der MA 22 (Umweltschutz) und der Wiener Umweltanwaltschaft bereits kritisch betrachtet – weitere Grünflächen versiegeln würde. Die Versiegelung von Grünflächen führe laut STEP 2025 zu einer zusätzlichen städtischen Erwärmung.

Bericht des Rechnungshofes zu Flächenwidmungsverfahren der Stadt Wien, Oktober 2023

Für uns ist klar: Ohne Einbindung geht’s nicht! Um unsere Grünräume zu schützen und unsere Stadt lebenswert und klimagerecht zu gestalten müssen wir alle mithelfen – aber die Stadtregierung muss das auch zulassen. Zu oft steht sie dem derzeit noch im Weg. Wir werden keine Ruhe geben, bis sich das ändert. Bist du dabei?

Folge uns auf Instagram, Facebook und Twitter/X und melde dich an zum #WirMachenWien Newsletter:

Newsletter bestellen!

Bleib informiert über die Aktivitäten dieser Community! Termine, Petitionen, News

Sag's weiter!