Mitten im Herzen des „Sonnwendviertel Nord-Ost“ erstreckt sich die lebendige Bloch-Bauer-Promenade, die sich zur zentralen Anlaufstelle für die Bewohner entwickelt hat. Heute ist sie ein lebendiger öffentlicher Raum, in dem Kinder fröhlich spielen, Geschäfte aufblühen und Menschen ungestört flanieren können – fernab vom Verkehrslärm der Autos. Doch diese idyllische Realität war ist das Ergebnis eines energiegeladenen engagierten Einsatzes der Nachbarschaft, die sich mit ganzer Kraft dafür einsetzte, die ursprünglich versprochene Fußgängerzone im Bezirk Wirklichkeit werden zu lassen.
Im Jahr 2014 sah das Mobilitätskonzept für das Planungsgebiet „Leben am Helmut‐Zilk‐Park“, erstellt vom Büro für Städtebau „raum & kommunikation GmbH“, die damalige „slow-motion Promenade“ als eine „Fußgängerzone mit Benutzungsrecht für RadfahrerInnen“ vor. Basierend auf dieser Planungsgrundlage entwickelten verschiedene Baugruppen ihre Entwürfe und Konzepte für die zukünftigen Gebäude in diesem Gebiet.
Im April 2016, als der neue Planungsstand von „YEWO Landscapes“ die zentrale Promenade als Wohnstraße vorsah, schrillten läutete bei den zukünftigen Bewohner:innen die Alarmglocken. Ein Zusammenschluss aus den Baugruppen Bikes and Rails, Gleis 21 und Grätzelmixer begann Überlegungen anzustellen, um die ursprünglich geplante Fußgängerzone zu erhalten.
Im Mai 2016 fand ein Treffen in der Bezirksvorstehung des 10. Bezirks mit dem stellvertretenden Bezirksvorsteher Josef Kaindl statt. Hier äußerten die Baugruppen ihre Bedenken hinsichtlich des neuen Planungsstandes. Die Antwort der Bezirksvorstehung lautete, dass die Gestaltung der Straße noch offen sei und Entscheidungen nach den zukünftigen Bedürfnissen getroffen werden müssten. Allerdings wurde vom Bezirk die Lösung einer Wohnstraße bevorzugt. Den Baugruppen wurde eine Beteiligung am Prozess versprochen, die sich jedoch als eher begrenzt herausstellte.
Nachdem die ersten Bewohner:innen eingezogen waren und der erste Abschnitt der Straße fertiggestellt wurde, wurde deutlich, dass eine offizielle Verordnung dringend erforderlich war. Im Frühjahr 2019 sandten Baugruppen und Quartiershäuser Briefe an den Bezirksvorsteher Marcus Franz, in denen sie erklärten, dass sie unter anderem aufgrund der Fußgängerzone in das Viertel gezogen waren. Die Erdgeschossbereiche der Häuser waren speziell darauf ausgerichtet, in einer Fußgängerzone zu funktionieren. Sie wiesen darauf hin, dass sie ein erhebliches wirtschaftliches Risiko tragen würden, sollten die ursprünglichen Konzepte aufgrund von Abweichungen nicht erfolgreich umgesetzt werden können.
Die entscheidende Phase brach jedoch im Sommer 2019 an. Die Nachbarschaft war vernetzt und entschlossen. Am 21. Juni erfuhren sie, dass am Donnerstag, den 27. Juni, eine Verkehrskommission einberufen werden sollte, bei der möglicherweise über die Zukunft der Bloch-Bauer-Promenade entschieden werden könnte. Ein internes Rundschreiben ging vom Zusammenschluss an alle Baugruppen und Quartiershäuser mit der dringenden Aufforderung heraus, bis zu besagtem Datum so viele Unterschriften wie möglich zu sammeln.
In den folgenden sechs Tagen intensivierte die Gruppe ihre Bemühungen und sammelte Unterschriften in der Nachbarschaft. Jede Baugruppe im Zusammenschluss sammelte Unterschriften in ihrem eigenen Gebäude, während die verbleibenden Häuser unter den Aktiven aufgeteilt wurden. Darüber hinaus wurden Unterschriften auch direkt auf der Straße gesammelt. Gleichzeitig wurde eine Online-Petition gestartet, um weitere Bürger:innen zu mobilisieren.
Am 27. Juni legten die engagierten Nachbar:innen den Zwischenstand von 432 Unterschriften von direkten Anrainer:innen und 879 zusätzlichen Unterschriften aus der Online-Petition während der Sprechstunde der Bezirksvorstehung vor. Diese Sprechstunde fand vor Beginn der Verkehrskommission statt, es wurde erneut die Forderung nach einer Fußgänger:innenzone mit Benutzungsrecht für den Radverkehr und dessen deren Vorteile betont.
In einem anschließenden Termin am 2. Juli luden die Nachbar:innen die Bezirksvorstehung zu einem Treffen im Quartiershaus „Stadtelefant“ ein, um die offizielle Übergabe der Unterschriften durchzuführen. Sie präsentierten stolz 502 Unterschriften von direkten Anrainer:innen sowie 1038 Unterschriften aus der Online-Petition. Zur Überraschung der organisierten Nachbarschaft brachte die Delegation des Bezirks ein Schild für eine Fußgänger:innenzone mit und sicherte die Umsetzung dieser zu. Gleichzeitig erklärten sie jedoch die Gründe, warum sie sich ursprünglich für eine Wohnstraße entschieden hatten. Der Bezirk lud außerdem zu einer Besichtigung der Pläne ein, welche drei Monate später am 1. Oktober 2019 stattfand.
Gründe für den Erfolg?
Die Gründe für den Erfolg dieser Initiative sind vielfältig und in der Tat schwer zu quantifizieren. Eine Kombination aus rechtlichem Fachwissen, einer gut etablierten Vernetzung der Baugruppen, einer zügigen und gut organisierten Reaktion auf die Geschehnisse sowie eine effektive Koordination beim Sammeln von Unterschriften dürften zweifellos den Verlauf des Prozesses beeinflusst haben.
Darüber hinaus spielten die Schreiben von Gewerbetreibenden und Anrainer:innen eine bedeutende Rolle, in denen sie Druck auf den Bezirk ausübten und aufforderten, seine Verpflichtungen und Ziele aus dem Mobilitätskonzept zu erfüllen. Ebenso entscheidend war die Tatsache, dass die Straße in den ersten Entwürfen als “slow-motion-Promenade” mit der Ausweisung als Fußgänger:innenzone geplant war, auf die die Entwürfe der Baugruppen und Quartiershäuser aufbauten.
Ein zusätzlicher Druck, der durch die Sammlung von über 500 Unterschriften in kürzester Zeit aus der direkten Nachbarschaft entstand, könnte als der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat betrachtet werden, dass die Entschlossenheit der Nachbar:innen unterstrich und die Entscheidung zugunsten der Fußgänger:innenzone besiegelte.Insgesamt war der Erfolg dieser Initiative das Ergebnis einer engagierten Nachbarschaft, die sich erfolgreich für ihre Vision eines lebendigen, autofreien öffentlichen Raums eingesetzt hat.
Formen des Aktivismus
Folgende Aktionsformen wurden von den Nachbar:innen der Bloch-Bauer-Promenade verwendet:
- Direkte Briefe an der Bezirksvorstehung von Anrainer:innen und Gewerbetreibenden
- Treffen mit der Bezirksvorstehung
- Unterschriftensammlung (einerseits von direkten Anrainer:innen, andererseits eine online-Petition)